Steuernewsletter Juni 2016

Themen des Steuernewsletters Juni 2016

Wir halten uns fit für Sie

Auch dieses Jahr hat das Zahlmann-Laufteam am traditionellen Stadtlauf in Bad Oeynhausen teilgenommen.

Bei besten Bedingungen ging es auf den 2,5 km langen Rundkurs um den Kurpark, der vier mal durchlaufen werden musste.

Erschöpft, aber gesund und glücklich sind alle Teilnehmer im Ziel angekommen.

Gewerbesteuer-Hinzurechnungen verfassungsgemäß

Gewerbeertrag darf um gezahlte Miet- und Pachtzinsen erhöht werden

Gewerbeertrag

Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende im Inland betriebene Gewerbebetrieb. Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag. Dieser entspricht nicht dem einkommensteuerlichen Gewinn, sondern ist unter Berücksichtigung bestimmter Hinzurechnungen und Kürzungen zu bestimmen. Anteilig hinzuzurechnen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb sind u. a. gezahlte Zinsen, Mieten und Pachten, soweit die Summe € 100.000,00 übersteigt (§ 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e Gewerbesteuergesetz).

Vorlagebeschluss

Im Jahr 2012 hat das Finanzgericht Hamburg bezüglich dieser Hinzurechnungen verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt (Vorlagebeschluss vom 29.2.2012, 1 K 138/10 Aktenzeichen beim BVerfG: 1 BvL 8/12). Die obersten Finanzbehörden der Länder haben seither durch gleichlautende Erlasse (vom 25.4.2013) ihre Finanzämter angewiesen, Festsetzungen des Gewerbesteuermessbetrags für Erhebungszeiträume ab 2008 nur noch vorläufig durchzuführen.

Entscheidung des BVerfG

Mit der vorläufigen Festsetzung hat es nun ein Ende. Denn das Bundesverfassungsgericht hat die Vorlage des FG Hamburg als unzulässig verworfen (Beschluss vom 15.2.2016, 1 BvL 8/12). Das BVerfG begründete die Ablehnung damit, dass das FG Hamburg die Vorlage nicht hinreichend begründet hätte. Ebenfalls als unzulässig verworfen hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen die Hinzurechnung von einem Viertel der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen. Diese Fälle betreffen u. a. Aufwendungen für die Anmietung eines Betriebsgebäudes. Der Bundesfinanzhof hat in der vorinstanzlichen Entscheidung vom 4.6.2014 (I R 70/12) die Verfassungsmäßigkeit der anteiligen gewerbesteuerlichen Hinzurechnung der Aufwendungen für die Anmietung von geschäftlich genutzten Grundstücken bestätigt. Für weitere Verfassungsbeschwerden gegen die Gewerbesteuer dürfte wenig Raum bleiben. Die vorläufig festgesetzten Gewerbesteuermessbescheide werden nun bestandskräftig.

Außenprüfung nicht für Steuerverhältnisse Dritter

Finanzgericht stoppt übereifrige Prüfer

Betriebsprüfung

Die Finanzbehörden können Außenprüfungen in Form von Betriebsprüfungen, Lohnsteuer-Außenprüfungen oder Umsatzsteuer-Prüfungen nach eigenem Ermessen anordnen. Die Finanzverwaltung legt sowohl die Prüfungsanordnung als auch die Prüfungshäufigkeit in sogenannten Größenklassen fest. Je größer das Unternehmen, desto häufiger eine Außenprüfung.

Prüfungsumfang

Betriebs- bzw. Außenprüfungen dürfen ausschließlich für die Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des in der Prüfungsanordnung genannten Adressaten selbst durchgeführt werden. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat die Durchführung einer Betriebsprüfung ausschließlich für die Feststellung der steuerlichen Verhältnisse Dritter für rechtswidrig erklärt (Urteil vom 25.6.2015, 3 K 2429/14).

Keine Vorlagepflichten

Der Betriebsprüfer darf den zu prüfenden Steuerpflichtigen nicht zur Vorlage von Unterlagen auffordern, die steuerliche Sachverhalte eines Dritten betreffen. Im entschiedenen Fall forderte die deutsche Finanzverwaltung aufgrund eines Amtshilfeersuchens der italienischen Behörden eine Vermittlerin von Ferienwohnungen in Italien im Rahmen einer Betriebsprüfung zur Vorlage konkret bestimmter Unterlagen auf. Außerdem erstellten die deutschen Prüfer eine Daten-CD für die italienischen Behörden. Die Anfertigung dieser CD hielt der Senat für rechtswidrig. Außenprüfungsanordnungen, die auf Sachverhalte Dritter hindeuten, sollten daher genau geprüft und ggf. mit Hilfe von Rechtsmitteln angefochten werden.

Stand: 30. Mai 2016

Sonderzahlungen und Mindestlohn

Urteil des LAG Berlin-Brandenburg

Mindestlohn

Seit dem 1.1.2015 gilt in Deutschland für Arbeitnehmer in allen Branchen ein gesetzlicher Mindestlohn von € 8,50 pro Stunde. Bemessungsgrundlage für den Mindestlohn ist die Bruttovergütung pro Zeitstunde.

Zuschläge

Nicht abschließend geklärt war die Anrechnung von Zuschlägen auf die Bruttovergütung bzw. den Mindestlohn. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, vom 14.4.2005 und 7.11.2013) sind Zulagen oder Zuschläge auf den Mindestlohn anrechenbar, wenn sie nicht das Verhältnis zwischen Leistung des Arbeitnehmers und der erhaltenen Gegenleistung des Arbeitgebers verändern. Bezüglich des Urlaubsgelds und sonstiger Jahressonderzahlungen wird die überwiegende Ansicht vertreten, dass diese Bezüge nicht auf den Mindestlohn anrechenbar sind (z. B. Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 4.3.2015, 54 Ca 14420/14).

Urteil LAG Berlin-Brandenburg

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat jetzt in einem aktuellen Urteil (vom 12.1.2016, 19 Sa 1851/15) über die Anrechnung von Sonderzahlungen wie folgt entschieden: Handelt es sich bei Sonderzahlungen um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung, ist eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich. Im Klagefall handelte es sich um zweimalige Sonderzahlungen im Jahr in Höhe eines halben Monatslohnes, abhängig von der vorliegenden Beschäftigung im jeweiligen Jahr. Die Sonderzahlungen wurden auf alle zwölf Monate verteilt.

Mehrarbeits-, Sonntags- und Feiertagszuschläge

Zuschläge für Mehrarbeit, Sonntags- oder Feiertagszuschläge können nach Auffassung des Gerichts auf Basis der vereinbarten, vertraglichen Vergütung berechnet werden, auch wenn diese unter dem Mindestlohn liegt. Im Streitfall waren die Zuschläge auf der Grundlage des unter dem Mindestlohn liegenden vereinbarten Stundenlohnes bemessen worden.

Nachtarbeitszuschläge

Eine Ausnahme bilden jedoch Nachtzuschläge. Diese müssen auf Basis des Mindestlohnes berechnet werden. Denn das Arbeitszeitgesetz schreibt einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer „zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ vor. Das Bruttoarbeitsentgelt darf den Mindestlohn nicht unterschreiten. Ob das Urteil einem möglichen Revisionsverfahren standhält, bleibt abzuwarten.

Stand: 30. Mai. 2016

Bekämpfung von Steuerhinterziehung

BMF-Amtshilfepraxis bei Informationsaustauschabkommen

TIEA-Abkommen

Deutschland hat mit Drittstaaten (Staaten, die nicht zur Europäischen Union zählen) diverse bilaterale Steuerinformationsaustauschabkommen (so genannte Tax Information Exchange Agreements) abgeschlossen. Solche Abkommen bestehen u. a. mit Liechtenstein oder diversen Karibikinseln wie den Bahamas oder den Cayman Islands. Kein Abkommen besteht derzeit mit Panama.

Anwendungsschreiben

Das Bundesfinanzministerium hat in einem neuen Anwendungsschreiben den wesentlichen Inhalt der TIEAs erörtert und dabei klargestellt, dass „ein spontaner oder automatischer Informationsaustausch“ in diesen Abkommen nicht vorgesehen ist (Schreiben vom 10.11.2015, IV B 6 – S 1301/11/10002). Auf Besteuerungsebene findet der Auskunftsaustausch vielmehr nur „auf Ersuchen“ statt. Übermittelt werden „steuerlich voraussichtlich erhebliche Informationen“, und zwar u. a. bezogen auf Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- oder Umsatzsteuer. Nicht verschwunden im Katalog der anwendbaren Steuern ist die Vermögensteuer, obwohl diese seit mehr als zehn Jahren nicht mehr erhoben werden darf.

Hilfe in Steuerstrafverfahren

Gemäß dem Anwendungsschreiben unterstützen die TIEAs auch die „justizielle Rechtshilfe in Steuerstrafsachen“. Danach können z. B. auch Durchsuchungen durchgeführt werden.

Länderliste

Eine aktuelle Liste über alle bestehenden „Tax Information Exchange Agreements – TIEA“ hat das Bundesfinanzministerium auf der Homepage www.bundesfinanzministerium.de unter der Rubrik „Staatenbezogene Informationen“ bereitgestellt.  

Stand: 30. Mai 2016

Abziehbarkeit von Studienkosten

Kein Betriebsausgabenabzug trotz Verpflichtung

Studienkosten als Sonderausgabenabzug

Kosten für das Erststudium können als Sonderausgaben bis zu einem Höchstbetrag von € 6.000,00 pro Kalenderjahr steuerlich geltend gemacht werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz, EStG). Nur Fortbildungskosten sind vollumfänglich als Werbungskosten bzw. als Betriebsausgaben abzugsfähig. Ein Unternehmensberater wollte einen Betriebsausgabenabzug der Studienkosten für seine Kinder dadurch erreichen, dass er diese verpflichtete, mindestens für drei Jahre in seinem eigenen Unternehmen tätig zu sein. Andernfalls hätten sie die Ausbildungskosten zurückzuzahlen.

Urteil FG Münster

Das Finanzgericht (FG) Münster folgte der Argumentationskette des Unternehmensberaters nicht. Ausbildungskosten der eigenen Kinder stellen nach Ansicht der Richter keine Betriebsausgaben dar. Denn die Eltern sind regelmäßig unterhaltsrechtlich für die Übernahme von Berufsausbildungskosten verpflichtet. Daher sind Studienkosten stets privat veranlasst. Der Betriebsausgabenabzug scheitert schon deshalb, weil Rückzahlungsansprüche – so wie vereinbart – zivilrechtlich nicht durchsetzbar sind (Urteil FG Münster vom 15.1.2016, 4 K 2091/13 E).

Stand: 30. Mai 2016

Prozesskosten

Zivilprozesskosten

Der Steuergesetzgeber lässt Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung nur unter der Voraussetzung zu, dass diese einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstanden sind (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Zwangsläufigkeit wäre dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige seine Existenzgrundlage zu verlieren droht. In solchen Fällen ist der Steuerpflichtige gezwungen, trotz unsicherer Erfolgsaussichten einen Prozess zu führen.

Schmerzensgeldansprüche

Für die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen sah der Bundesfinanzhof (BFH) eine solche Zwangsläufigkeit jedoch als nicht gegeben. Schmerzensgeldansprüche wegen immaterieller Schäden betreffen nach Ansicht des BFH-Senats nicht den existenziellen Bereich eines Steuerpflichtigen (Urteil vom 17.12.2015, VI R 7/14).

Strafprozesskosten

Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz hat bezüglich der Absetzbarkeit von Strafverteidigungskosten als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben wie folgt differenziert: Begründet sich der strafrechtliche Vorwurf durch das berufliche Verhalten des Steuerpflichtigen, sind die Kosten absetzbar. Prozesskosten, die einem wegen eines auf Grund vorsätzlicher Tat verurteilten Steuerpflichtigen entstanden sind, können hingegen nicht steuerlich geltend gemacht werden. Ein Steuerabzug als außergewöhnliche Belastung scheidet schon deshalb aus, weil die Aufwendungen nicht zwangsläufig entstanden sind. Eine vorsätzliche Straftat ist nicht nur unausweichlich. Sie ist vielmehr verboten (Urteil vom 22.1.2016, 4 K 1572/14).

Stand: 30. Mai 2016

Rechnungsberichtigung ohne Strafzinsen

Umsatzsteuerpflichtige Unternehmer können gezahlte Umsatzsteuer aus Lieferungen und Leistungen für das Unternehmen grundsätzlich als Vorsteuer geltend machen. Der Vorsteuerabzug setzt allerdings voraus, dass der Unternehmer eine Rechnung besitzt, die alle zehn gesetzlich vorgeschriebenen Merkmale aufweist. Fehlt ein Merkmal, kann das Finanzamt den Vorsteuerabzug rückwirkend versagen. Letzteres passiert oft im Rahmen einer Jahre später durchgeführten Betriebsprüfung. Folge ist, dass der Unternehmer nicht nur die Vorsteuer zurückzahlen muss. Er zahlt auch Zinsen in Höhe von 6 % pro Jahr.

Strafzinsen vermeiden

Ob sich Strafzinsen durch eine rückwirkende Rechnungsberichtigung vermeiden lassen, wird derzeit kontrovers diskutiert. Das Finanzgericht Münster war in einer Entscheidung aus 2015 (Urteil vom 10.12.15, 5 K 4322/12U) der Meinung, dass Rechnungsberichtigungen grundsätzlich im Einspruchsverfahren zurückwirken, im Klageverfahren dagegen nicht mehr. Das heißt, dass der Unternehmer immerhin im Einspruchsverfahren eine berichtigte Rechnung nachreichen kann.

EuGH-Entscheidung

Das Thema nachträgliche Rechnungsberichtigung und Vorsteuerabzug beschäftigt derzeit auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Unter anderem ist das Verfahren Senatex GmbH (Rs. C-518/14) anhängig. Nach Auffassung des Generalanwalts verstößt die deutsche Regelung, nach der eine Rechnungsberichtigung keine Wirkung für die Vergangenheit entfalten soll, gegen Europarecht. Unternehmer haben daher durchaus gute Karten, einen vom Finanzamt nachträglich versagten Vorsteuerabzug unter Berufung auf die EuGH-Rechtsprechung retten zu können. Ist eine nachträgliche Rechnungsberichtigung zulässig, entfällt auch der Strafzins

Stand: 30. Mai 2016

Verbraucherstreitbeilegungsgesetz

Rekordeinnahmen

Zum 1.4.2016 ist das so genannte Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in Kraft getreten. Wichtigste Neuerung dabei ist, dass jeder Verbraucher bei Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen eine Verbraucherschlichtungsstelle anrufen kann. Solche Schlichtungsstellen sollen in naher Zukunft flächendeckend zur Verfügung stehen.

Allgemeine Schlichtungsstelle

Mit Inkrafttreten des Gesetzes wurde eine allgemeine Schlichtungsstelle eingerichtet. Diese als „Zentrum für Schlichtung e. V.“ bezeichnete Stelle hat ihren Sitz in Kehl. Die Schlichtungsstelle ist erreichbar unter www.verbraucher-schlichter.de. Betroffene Verbraucher können hier direkt einen Schlichtungsantrag online einreichen.

Branchenspezifische Schlichtungsstellen

Darüber hinaus können sich Verbraucher an spezielle branchenspezifische Schlichtungsstellen wenden. Solche gibt es aktuell u. a. für Banken, Energie, Handwerk, Kfz-Gewerbe, Onlinehandel, Personenbeförderung, Rechtsanwälte, Telekommunikation und Versicherungen. Die Kontaktdaten sind auf der Homepage des „Zentrums für Schlichtung“ veröffentlicht.

Stand: 30. Mai 2016

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